Lou Reed, oder sollte man besser sagen "der alte Mann" zeigt, dass die Qualität eines Live-Albums nicht mit musikalischer Virtuosität steht und fällt, sondern von dem Feeling abhängt, das transportiert wird. Alle, die an einer Flasche Wein, solo-grübeln im abgedunkelten Raum und leichten Anflügen von Depressionen Gefallen finden, ist diese CD absolut empfehlenswert.
wolfman - 25. Mai, 10:28
Ja, jetzt fragen sich viele, wer denn der Mann in dem blauen T-Shirt ist, der noch dazu einen ausgestopften Vogel auf einem Stock in der Hand hält. Dieser Mann ist Walter! Der Besitzer des „Weißen Roß“ in Immeldorf, einer kleinen gemütlichen Kneipe in einem ansonsten relativ verschlafenen Dorf in Franken. Der Papagei, das ist „Lora“. Lora war so etwas wie die Hauskatze vom Weißen Roß und ist leider im Oktober 2004 gestorben. Jetzt ziert sie als ausgestopfter Vogel den Flur der urigen Kneipe.
Warum ich über Walter schreibe? Walter hat uns bis heute acht Mal die Möglichkeit gegeben bei ihm im Konzertsaal aufzutreten, zusätzlich buchte er uns dreimal in Folge auf sein Open Air. Immeldorf ist sozusagen unser Homie-Club.
Das erste Mal spielten wir 1999 in Immeldorf. Oft kamen wir mit verrückten Ideen zu Walter, so ließ er sich auf ein Konzert mit „Kiss the frog“ oder
„Stockholm Syndrome“ ein, veranstaltete mit uns gemeinsam „Alligator Project I“ und „II“ und gab uns die Möglichkeit unser „Nirvana unplugged“ Konzert zu spielen.
In Immeldorf wird von Walter gewaltige Kulturarbeit geleistet, so spielen allein in den nächsten beiden Monaten Bands aus St. Petersburg, Barcelona und Budapest. Trotzdem ist es nicht wie in anderen Clubs, in denen bei einem so hochwertigen Programm meist kein Platz mehr für die regionale, junge Szene bleibt. Nur fair, dass Walter im Jahr 2000 den
Bayrischen Rockpreis „Pick Up“ erhielt.
Möchte mich im Namen der „mars mushrooms“ ganz herzlich bei diesem außergewöhnlichen Menschen bedanken. Immeldorf ist etwas Einmaliges für uns!
Mehr zu diesem Club findet ihr
hier!
moose - 21. Mai, 23:23
AAAAAAAAAAAAAAAHHHH! Ich hab gerade ungefähr eine Stunde lang am Tourtagebuch update gearbeitet und dann stürzt mir der Computer ab. Naja, das ganze nochmal:
Unsere Tour ist nun vorbei. Sie bestand zum größten Teil aus Konzerten. Guten Konzerten, mittelmäßigen Konzerten,
und super Konzerten. Was wäre eine Tour ohne Konzerte? nix.
Aber nun zu den harten Fakten:
Meine persönlichen Favoriten: Immeldorf, Wolfsbehringen, Bayreuth, Plauen. Immeldorf, weil Immeldorf. Wolfsbehringen, weil viele Hippies, wunderschönes Ambiente und lockere Stimmung. Bayreuth wegen den meisten wild tanzenden Menschen, die ich bei einem Marsies Konzert je gesehen habe. Und Plauen wegen der Frau, die von unserer Musik Angstzustände bekommen hat. Hatte aber bestimmt auch Satan seine Finger im Spiel...
Beste Aftershowparty:
Darüber ist man sich selbst innerhalb der Band bis heute nicht einig. In der Endausscheidung sind: Wolfsbehringen, Freiburg, Offenburg, Bayreuth.
Wolfsbehringen deshalb, weil Ray und Jeannette das coolste raumschiffartige Wohnzimmer der Welt haben. Und genau da haben wir mit verrückten Menschen aus dem Osten gefeiert und Ost Zigaretten geraucht. Highlight: Moritz: "mike, unglaublich, unglaublich."
Freiburg deshalb, weil die party bei Max und Co in der Küche stattfand und ein Freund der WG die kleinsten Augen der Welt hatte. Ich schwör.
Offenburg deshalb, weil die Party in Karlsruhe war. Und zwar in Johannes und Nadines leerstehender Wohnung. Ohne Stühle. Highlight: Als ich schlafen gehen wollte, lag ein schnarchender Mann in meinem Schlafsack.
Und Bayreuth deshalb, weil da so eine kleine Katze war, mit der ich mich angefreundet habe. Die war so süß. Wir haben uns auch nett unterhalten. Ich wollte sie dann mit ins Schlafzimmer nehmen, aber sie ist abgehauen. Ich glaube sie wollte noch was holen, aber dann ist leider die Tür zugefallen, und sie konnte nicht mehr rein. Was sie holen wollte weiß ich leider nicht mehr.
Gefährlichste Situation: In Hamlar wollte ein verrückter mir und Thomas den Schädel einschlagen. O-Ton: "Ich schlag euch den Schädel ein."
Schlechtestes Essen: Die Pizzeria gegenüber vom Schorschl in Eisenach.
Engste Unterhose: Unentschieden zwischen Christoph und Christof.
Längster Jam: Master of the Universe in Wolfsbehringen (über 20 min).
Bestes Cover: "No Limits" von 2 Unlimited in Hamlar.
Beste Publikumsreaktion: "Des war nur EIN LIIIEEEED!!!
Gemütlichstes Bett: Das Himmelbett, in dem Christof geschlafen hat.
Alles in allem eine wunderschöne und aufregende Zeit. Ich kann nur jedem empfehlen, sich ein paar Kumpels zu schnappen, einen Bus zu mieten, und durch die Gegend zu fahren. Mehr isses nämlich nicht. Und man wird auch noch dafür bezahlt!
Auf jeden Fall möchte ich mich bei allen bedanken, die zum Teil wahnwitzige Strecken zurückgelegt haben, nur um uns zu sehen. Und beim Moritz.
Zum Schluß noch eine kleine Frage:
Gerhard Schröder oder Inge Meisel?
Euer Michl
michi mushroom - 19. Mai, 15:53
michi mushroom - 18. Mai, 19:56
Nur ein paar kurze Worte hier zu Beginn. Um in diesem Weblog einen Anfang zu finden habe ich die alten Einträge aus dem Tourtagebuch einfach übernommen. Von der aktuellen Tour ist jetzt noch nichts drin. Auch unsere letzte CD Besprechung „Badshoe – Cannonball Savant“ hab ich noch einmal gepostet. Die aktuellen Pressestimmen findet ihr ab jetzt immer unter …… „Pressestimmen“! Ich (der Rest der Band natürlich auch) freu mich auf eine rege Diskussion in diesem „Forum“. MfG
moose - 18. Mai, 09:17
Geschrieben von golly am 08.05.2005 um 09:02
Eine unverfälschte Jamband gab am Samstag in der Kneipenbühne ihr Debut: die Mars Mushrooms, „Hippies aus dem Weltraum“, die ihre erfolgreiche CD-Release-Deutschlandtournee ausgerechnet in O’wei' beendeten. Außergewöhnliches Talent und grenzenlose Spielfreude adeln die fünf sympathischen Jungs, die direkt in die Fußtapfen der altvorderen Kultband „Grateful Dead“ treten.
Trotz der Freude am improvisatorischen Experiment spürt man hier ständig die anspruchsvolle Komposition, die sich zuvorderst in den oft komplizierten Rhythmen und Grooves ausdrückt. Diese werden jedoch – vor allem vom phantastischen Schlagzeuger - so locker genommen, als wären sie einfach nur so mal aus dem Ärmel geschüttelt. Dazu kommen die positiven, oft verspielten Texte, meist zweistimmig gesungen, die der Musik der unglaublich gut eingespielten Truppe das Sahnehäubchen aufsetzen. Dabei ist die Besetzung (außer dem Didgeridoo, das seinesgleichen sucht) mit Gitarre, Keyboards, Bass und Schlagzeug durchaus Standard. Allerdings werden bei den Mars Mushrooms alle Versatzstücke der bisher bekannten Jam-Stile zu einem neuen Gesamtbild vereint, die der Band ihren unverwechselbaren Charakter geben und ihren internationalen Ambitionen unbestreitbar zu ihrem Recht verhelfen: Tranceartige Bisco-Stücke, bluesige Gesangsausbrüche, Hippiefunk, Makisupareggae, Rockamericana, Galactic Funk und eine Fülle von Phish-Anspielungen. Man möchte nicht aufhören, der Band und ihren genialen Einfällen zu lauschen.
moose - 18. Mai, 09:06
Vor gar nicht allzu langer Zeit hatte ich das Vergnügen, an dieser Stelle das Loblied auf die musikalische Improvisationskunst singen zu dürfen. Damals ging es um eine Post-Krautrock-Band namens Space Debris - man wird sie sicherlich erinnern. Es und nun, nur wenig später, landet ein weiteres Beispiel für diese hohe Kunst auf meinem Schreibtisch beziehungsweise in meinem CD-Player.
Heute möchte ich mich mit einer weiteren deutschen Band, den Mars Mushrooms, beschäftigen. Auch hier ist der Name ein Stück weit Programm. Man findet sowohl spacige Passagen in der Musik, als auch Anleihen bei psychedelischen Sounds. Ein wesentlicher Bestandteil, insbesondere ihrer Konzerte, sind auch hier die Improvisationen. Nicht umsonst zählen die Mars Mushrooms zu den erklärten Lieblingen der deutschen Grateful Dead Anhänger. Auch international wurden bereits erste namhafte Gruppen auf die Band aufmerksam. So wurde man als Support Act für u.a. Gov’t Mule verpflichtet, was durchaus als internationaler Adelsschlag verstanden werden darf.
Wird man sich nun das aktuelle Album der Band, »Transparent Eyeball« an, merkt man schnell, dass man es hier mit einer ganz besonderen Combo zu tun hat. Die 11 Songs auf dem Album stehen auf einem soliden Rockfundament, kommen im weiteren aber sehr variabel daher. Da findet man funkige Passagen, psychedelisch Abgedrehtes, mal wird es beinahe ein wenig folkig und dann kann es auch wieder mächtig und verzerrt zur Sache gehen. Über allen Sounds schwebt dabei immer wieder eine wunderbare Hammondorgel, die der Musik einen feinen Retro-Touch verleiht. Instrumente wie das Didgeridoo oder Dan Moi sorgen für einen Hauch von Exotik und tragen nicht unwesentlich dazu bei, dass die Musik der Mars Mushrooms zu einem interessanten Hörerlebnis wird.
Für mich stellt » Transparent Eyeball« eine der ersten ganz großen musikalischen Überraschungen in diesem Jahr dar. Ich bin froh, dieses großartige Album zu besitzen und kann es jedem Musikfan nur wärmstens empfehlen.
Mars Mushrooms: Transparent Eyeball; bibi records/FENN Music
Verfasst von Jürgen Brück um 11:19.50
moose - 18. Mai, 08:59
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Independent Rock – Space-Age-Hippies funken und rocken bis das Gras noch grüner wird
(CD; Bibi)
Es ist angenehm, nicht alle zwei Wochen die Rockgeschichte umschreiben zu müssen, weil wieder einmal ein neuer zukunftsweisender Hype herumbläht. Mars Mushrooms sind nicht in diese Marketing-Falle getappt, sondern setzen auf natürliches Wachstum. Ihr neues Album "Transparent Eyeball" versucht sich gar nicht erst in Inovationsgeschnörksel, sondern hier geht es sehr direkt um musikalische Emotionen. Davon hat das Album auch gleich eine verführerisch riechende Tüte voll. Nach zwei EPs, der ersten vollen Runde mit dem Album "Dive [daiv]" und der Live-CD "Throwdown", geht es ohne Allüren nun so richtig ab ins grüne grüne Gras. Genüsslich wird im Fundus von Rock, Funk, Americana und Hippie-Kram herumgestöbert, um als angesagte Jamband der Space-Age-Hippie-Funk-Rock-Superstition zu frönen. Nichts schmeckt hier nach dem üblichem Tapetenleim der Megakonzerne. Deadhead-Gemeinde und Phish-Freunde dürfen sich freuen. Wer sonst unterschiedlichste Körperteile zu Klängen von Trey Anastasio, Big Head Todd, Widespread Panic oder Mars Volta zu schütteln pflegt, sollte die Jungs von Mars Mushrooms unverzüglich mit ins Bewegungsprogramm aufnehmen.
Tour-Daten: 21.04.2005 Freiburg, 22.04. Offenburg, 05.05. Bayreuth, 06.05. Plauen, 07.05. Velburg (weitere Termine siehe Link).
<http://www.marsmushrooms.de/>
<http://www.ebong.org/>
<http://www.jambase.com/>
moose - 18. Mai, 08:58
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Die Nürnberg-Ansbacher Jamband „Mars Mushrooms“ pflegt die Kunst des Improvisierens — Aktuelle Tour
„Jamband? Was soll denn das schon wieder sein? Essen die nur Marmelade? Oder spielen die nur im Stau?“ Manch Uneingeweihter mag mit der Stilbezeichnung, die die Nürnberg-Ansbacher Band „Mars Mushrooms“ für sich verwendet, nicht allzuviel anfangen können. Kein Wunder, die „Jamband“-Szene gilt selbst in den USA, wo Bands wie „Phish“ oder „Widespread Panic“ dank einer eingeschworenen Fangemeinschaft Stadien füllen, als Subgenre.
Hier in Deutschland stehen die Pilze vom Mars so ziemlich allein auf weiter Flur. Was vielleicht auch daran liegt, dass es durchaus Bands gibt, die ähnliches machen, aber noch nicht auf die Idee gekommen sind, sich das „Jam“-Etikett anzuheften. Was also ist eine „Jamband“ eigentlich?
„Unsere musikalische Grundlage sind schon richtige Songs“ erläutert Mushrooms-Bassist Christoph Hoffmann, wie seine Kollegen Mitte Zwanzig und Student, „aber die Freiheit liegt im Jam“. Der Jam versteckt sich meist im hinteren Drittel des Stücks und bezeichnet einen frei improvisierten Teil, der rein von der Interaktion und Improvisationsgabe der Musiker lebt. Freilich wird in den meisten Proberäumen viel gejammt, sei es, um auf neue Ideen zu kommen, oder nur aus Spaß an der Freude. Die Idee, die Improvisation als maßgeblichen Teil des Gesamtkonzeptes zu verwenden, hat zwar eine lange Tradition in der Rockmusik, etablierte sich aber nie im Mainstream.
Die „Mutter aller Jambands“ sind die „Grateful Dead“, eine Art fahrende Hippiekommune, die seit den späten 1960er Jahren mit ihren drogengeschwängerten Mammutkonzerten eine eingeschworene Anhängerschaft um sich schart, die „Deadheads“. Deren deutsche Abordnung ist bereits auf die „Mars Mushrooms“ aufmerksam geworden und hat sie auf eines ihrer Treffen eingeladen, wo man sie des großen Vorbildes als überaus würdig befand. „Ich sehe mich in einer Art modifizierter Grateful-Dead-Tradition“, sagt Sänger, Gitarrist und Songschreiber Michael Schmidt. „Das Interessante an der Sache ist ja, dass alles erlaubt ist.“
Stimmt, die Grenzen sind weit gefasst, wie die Band auf ihrer neuen CD „Transparent Eyeball“, erschienen beim Nürnberger „Bibi“-Label, eindrucksvoll beweist. Neben Michael Schmidt und Christoph Hoffmann musizieren Lars Weissbach (Hammond-Orgel, Piano), Christof Stellwag (Drums) und Thomas Kupser am Didgeridoo. Mit federndem Groove bewegen sich die Fünf zwischen Blues-, Folk- und Alternativerock, dezenten Weltmusikanleihen und viel blubberndem Hippiefunk. Musik, die Spaß macht und in die Beine fährt, mit (englischen) Texten, die zwischen purem Unsinn und philosphischen Höhenflügen pendeln.
Die Songs gehen schnell ins Ohr, wobei die Jams so gut integriert sind, dass man sie erst beim zweiten Hören als solche identifiziert. „Wir wollten auf der Platte auch richtige ,Song-Songs’ haben“, erklärt Christoph Hoffmann. „Außerdem wollten wir uns nicht die Möglichkeit nehmen, im Radio gespielt zu werden. Da gibt es ja eine knallharte dreieinhalb Minuten-Grenze.“
Konditionstest
Die wird live natürlich gerne um ein Mehrfaches überschritten: Auf der Bühne dauert ein Mushrooms-Song nicht selten zehn Minuten, das ganze Konzert im Schnitt drei Stunden. Im Augenblick testen die „Mars Mushrooms“ ihre Kondition auf ihrer ersten zusammenhängenden und selbstorganisierten Tour, die sie vornehmlich durch den süddeutschen Raum führt. Die nächsten Gelegenheiten für einen ausufernden Jam mit den fünf Pilzköpfen bieten sich morgen im legendären „Weißen Ross“ in Immeldorf (bei Lichtenau), tags darauf in der „Rose“ in Feuchtwangen und am 7. Mai in der Kneipenbühne Oberweiling in Velburg. PETER GRUNER
Aktuelle CD: Mars Mushrooms, „Transparent Eyeball“, bibi-records, Infos im Internet: www.marsmushrooms.de
14.4.2005 0:00 MEZ
moose - 18. Mai, 08:57
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Wie cool ist das denn? Kaum verliert man eine Band mal für ein paar Monate aus den Augen, schlägt sie zurück und liefert ihr mit Abstand bestes Werk. Grade so, als ob sie den ignoranten Kritiker abwatschen wollte. Der weicht aber geschickt aus und schlägt mit einer Links-Rechts-Kombination zurück.
Eine Jamband wollt Ihr sein? Tja, tut mir leid, das paßt wohl nicht. Probiert es mal mit anderen Begrifflichkeiten, beispielsweise mit Grooverock oder Jam-Rock-mit-Songs-und-ohne-Staub oder "Wir machen den Soundcheck vor den Aufnahmen und legen dann gleich richtig los-Rock".
Spaß ohne jetzt. Seit STOCKHOLM SYNDROME und (mit Abstrichen) TISHAMINGO kam keine so lässige Band mehr auf den Tisch.
Die MARS MUSHROOMS haben inzwischen 7 gemeinsame Jahre auf dem Buckel und seit ihrem letzten Livealbum einen fast nicht für möglich gehaltenen Quantensprung gemacht. Das hat mehrere Gründe. Einer ist, daß die Band den Grundsatz der Selbstbeschränkung beherzigt. Der längste Song dieser CD dauert grade mal sechseinhalb Minuten, was für eine Jamband normalerweise die Zeit für die Konzentration auf das erste Gitarrensolo ist. Zweitens haben die Franken brav ihr Melodie-Müsli zum Frühstück gefuttert. Drittens hat man bei der Produktion auf jede Art genretypischer Spinnereien verzichtet und ganz simpel Song für Song als gewachsene Band eingespielt. Daß ein wichtiger Teil des Instrumentariums Didgeridoo und eine vietnamesische Maultrommel namens Dan Moi sind, stört den Fluß der Songs überhaupt nicht, befremdet nicht einmal den hartnäckigsten Verweigerer exotischer Instrumente.
Der erwähnte längste Song der CD heißt Master Of The Universe, steht ganz am Ende von "Transparent Eyeball" und hat mit verträumter Hippie-Glückseligkeit nichts zu tun, im Gegenteil, beinahe trippig zischt ein moderner Rocksong kühl und extravagant daher. Der letzte Beweis einer mächtigen Kreativitätswelle innerhalb der Gruppe.
Im Prinzip hat eine Band bereits mit einem Opener wie Mr. Caveman gewonnen. Neben dem - übrigens durchgehend - großartigen Gesang, frißt sich die wunderbar entspannte Gitarre sofort fest. Auch hier gilt: Keine Spur von bekifften 68er-Endlosdudeleien, Herr Schmidt wechselt nahtlos von Duane Allmann-, zu Funk-, zu Heavy-Gitarren, was er im doomigen Zweiminüter Heat zur Freude aller Tony Iommi-Fans gleich nach dem flockigen Einstiegssong eindrücklich tut.
Was bei vielen Bands leicht als Stilbruch bezeichnet werden könnte, schaffen die MUSHROOMS spielerisch in den Gesamtkontext zu integrieren. Der obligaten Ballade folgt eine Groovegroßtat, danach ein Rocker mit ALLMAN-HAYNES-BROTHERS-Wunschkonzertgitarre (Elegy ist aber auch besonders schön geraten), mal zirpt ein Synthie, meistens schwebt eine warme Hammond durch den Raum wenn nicht grade das Piano freudvoll pluckert, die Rhythmusabteilung sorgt für steady rollin' Schubkraft und die Songs sind ausnahmslos ein-gän-gig. Das bedeutet: Sie gehen vom Ohr in den Bauch und dann ohne Umwege in die Beine.
Hoffentlich dreht niemand der Band aus dieser Tatsache einen Strick und bezichtigt sie des kommerziellen Ausverkaufs, denn massenkompatibles Potential haben die MARS MUSHROOMS eimerweise. Sie verkaufen sich aber beileibe nicht als melodiesüchtige Pop-Rock Einheitsware aus Deutschland sondern stehen als - zufälligerweise - deutscher Monolith in der internationalen, ok Ihr habt gewonnen, Jamrockszene. Der einzige Monolith der tanzen kann! (Fred Schmidtlein, 07.04.2005)
moose - 18. Mai, 08:55
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In einer Zeit, als Konzerte noch Happenings hießen und der Begriff Rock noch mit wilden, aber herzlichen jungen Männern in Verbindung gebracht wurde, entstand in Nord-Amerika ein Musikstil, der Jamrock genannt wurde. Bands wie Grateful Dead bestritten zweistündige Auftritte mit offiziell drei Liedern im Programm und vertieften sich in nicht enden wollenden Solo-Eskapaden.
Heutzutage haftet dem Begriff das Vorurteil an, altbacken zu sein. Eine Band aus Nürnberg jedoch vermag es, diesem angestaubten Image jegliche Antiquiertheit zu nehmen. Die „Mars Mushrooms“, schon der Name lässt auf galaktische Soundgewänder schließen, verbinden den freien Geist der Experimentiermusik mit den musikalischen Anforderungen der Jetztzeit.
Zitate aus vier Jahrzehnten Musikgeschichte
Rock-, Reggae- und Funkelemente werden auf einen gemeinsamen Nenner gebracht und von der Band geschickt mit Zitaten aus vier Jahrzehnten Musikgeschichte gespickt. Die fünf Musiker aus Nürnberg, Weilheim und Ansbach haben diesen Stil in Deutschland etabliert und gelten in Fan-Kreisen, die bis in die Vereinigten Staaten reichen, als die Botschafter des Jamrock in Europa.
„Unsere Wurzeln liegen bei Jamrock-Bands wie Grateful Dead oder Phish, aber wir lassen aktuelle Tendenzen in unsere Songs einfließen“, gibt Gitarrist und Sänger Michael Schmidt zu. Vor allem auf der neuen Scheibe „Transparent Eyeball“ ist dies in eindrucksvoller Manier zu hören. Auf hohem Niveau spielt sich die Band darauf durch die Musikgeschichte und bietet von balladesken Mitsingern wie „Killer“ über den klar definierten Rocksong „Heat“ bis hin zum elegischen Abschlusslied „Master of the Universe“ alles auf, was die musikalische Vorratskammer zu bieten hat.
„Wir haben die neue Platte ein wenig songorientierter produziert“, erklärt Keyboarder Lars Weissbach „aber auf der Bühne kann es schon noch geschehen, dass aus einem kurzen Stück ein 20-minütiger Jam entsteht.“
Davon konnten sich schon etwa 100 Gäste in der Desi überzeugen. Die „Marsis“, wie sie liebevoll von ihren Fans genannt werden, eröffneten ihre Promotion-Tour zur neuen Platte in dem Nürnberger Stadtteilzentrum. Die hohe Live-Qualität der Band war vom ersten Ton an zu spüren und entlud sich auch gleich in einem ausladend arrangierten Cover des Ween-Songs „Roses are free“.
Überhaupt stand das Konzert unter dem Zeichen geschickt gewählter Coversongs. Ob Thomas Kupser am Didgeridoo Phrasen aus „Sympathy for the devil“ einstreute, Sänger Micha am Ende des Songs „Rubberz“ plötzlich Chris Isaaks „Wicked Game“ anstimmte oder die Band auf Initiative des Bassisten Christoph Hoffmann plötzlich „Come together“ von den Beatles intonierte, die sympathische Spielfreude der Weltallpilze wirkte so ansteckend wie überzeugend.
„Liveauftritte sind uns das Wichtigste“, sinniert Drummer Christof Stellwag bei einem Kaffee am Nachmittag vor dem Auftritt, „da können wir unsere Vorstellung von Musik am Besten rüberbringen.“ Das sind sie also, die Rock-Rebellen der Gegenwart, die zufrieden an ihrem Latte Macchiato schlürfen, während sie das Wesen ihrer Musik erklären. Und dabei wahrhaftiger wirken, als so manch betont extravagante Stars der Szene. Alexander Otto
6.4.2005 0:00 MEZ
moose - 18. Mai, 08:53
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