Fünf Pilzköpfe auf den Spuren der „Grateful Dead“
Die Nürnberg-Ansbacher Jamband „Mars Mushrooms“ pflegt die Kunst des Improvisierens — Aktuelle Tour
„Jamband? Was soll denn das schon wieder sein? Essen die nur Marmelade? Oder spielen die nur im Stau?“ Manch Uneingeweihter mag mit der Stilbezeichnung, die die Nürnberg-Ansbacher Band „Mars Mushrooms“ für sich verwendet, nicht allzuviel anfangen können. Kein Wunder, die „Jamband“-Szene gilt selbst in den USA, wo Bands wie „Phish“ oder „Widespread Panic“ dank einer eingeschworenen Fangemeinschaft Stadien füllen, als Subgenre.
Hier in Deutschland stehen die Pilze vom Mars so ziemlich allein auf weiter Flur. Was vielleicht auch daran liegt, dass es durchaus Bands gibt, die ähnliches machen, aber noch nicht auf die Idee gekommen sind, sich das „Jam“-Etikett anzuheften. Was also ist eine „Jamband“ eigentlich?
„Unsere musikalische Grundlage sind schon richtige Songs“ erläutert Mushrooms-Bassist Christoph Hoffmann, wie seine Kollegen Mitte Zwanzig und Student, „aber die Freiheit liegt im Jam“. Der Jam versteckt sich meist im hinteren Drittel des Stücks und bezeichnet einen frei improvisierten Teil, der rein von der Interaktion und Improvisationsgabe der Musiker lebt. Freilich wird in den meisten Proberäumen viel gejammt, sei es, um auf neue Ideen zu kommen, oder nur aus Spaß an der Freude. Die Idee, die Improvisation als maßgeblichen Teil des Gesamtkonzeptes zu verwenden, hat zwar eine lange Tradition in der Rockmusik, etablierte sich aber nie im Mainstream.
Die „Mutter aller Jambands“ sind die „Grateful Dead“, eine Art fahrende Hippiekommune, die seit den späten 1960er Jahren mit ihren drogengeschwängerten Mammutkonzerten eine eingeschworene Anhängerschaft um sich schart, die „Deadheads“. Deren deutsche Abordnung ist bereits auf die „Mars Mushrooms“ aufmerksam geworden und hat sie auf eines ihrer Treffen eingeladen, wo man sie des großen Vorbildes als überaus würdig befand. „Ich sehe mich in einer Art modifizierter Grateful-Dead-Tradition“, sagt Sänger, Gitarrist und Songschreiber Michael Schmidt. „Das Interessante an der Sache ist ja, dass alles erlaubt ist.“
Stimmt, die Grenzen sind weit gefasst, wie die Band auf ihrer neuen CD „Transparent Eyeball“, erschienen beim Nürnberger „Bibi“-Label, eindrucksvoll beweist. Neben Michael Schmidt und Christoph Hoffmann musizieren Lars Weissbach (Hammond-Orgel, Piano), Christof Stellwag (Drums) und Thomas Kupser am Didgeridoo. Mit federndem Groove bewegen sich die Fünf zwischen Blues-, Folk- und Alternativerock, dezenten Weltmusikanleihen und viel blubberndem Hippiefunk. Musik, die Spaß macht und in die Beine fährt, mit (englischen) Texten, die zwischen purem Unsinn und philosphischen Höhenflügen pendeln.
Die Songs gehen schnell ins Ohr, wobei die Jams so gut integriert sind, dass man sie erst beim zweiten Hören als solche identifiziert. „Wir wollten auf der Platte auch richtige ,Song-Songs’ haben“, erklärt Christoph Hoffmann. „Außerdem wollten wir uns nicht die Möglichkeit nehmen, im Radio gespielt zu werden. Da gibt es ja eine knallharte dreieinhalb Minuten-Grenze.“
Konditionstest
Die wird live natürlich gerne um ein Mehrfaches überschritten: Auf der Bühne dauert ein Mushrooms-Song nicht selten zehn Minuten, das ganze Konzert im Schnitt drei Stunden. Im Augenblick testen die „Mars Mushrooms“ ihre Kondition auf ihrer ersten zusammenhängenden und selbstorganisierten Tour, die sie vornehmlich durch den süddeutschen Raum führt. Die nächsten Gelegenheiten für einen ausufernden Jam mit den fünf Pilzköpfen bieten sich morgen im legendären „Weißen Ross“ in Immeldorf (bei Lichtenau), tags darauf in der „Rose“ in Feuchtwangen und am 7. Mai in der Kneipenbühne Oberweiling in Velburg. PETER GRUNER
Aktuelle CD: Mars Mushrooms, „Transparent Eyeball“, bibi-records, Infos im Internet: www.marsmushrooms.de
14.4.2005 0:00 MEZ
„Jamband? Was soll denn das schon wieder sein? Essen die nur Marmelade? Oder spielen die nur im Stau?“ Manch Uneingeweihter mag mit der Stilbezeichnung, die die Nürnberg-Ansbacher Band „Mars Mushrooms“ für sich verwendet, nicht allzuviel anfangen können. Kein Wunder, die „Jamband“-Szene gilt selbst in den USA, wo Bands wie „Phish“ oder „Widespread Panic“ dank einer eingeschworenen Fangemeinschaft Stadien füllen, als Subgenre.
Hier in Deutschland stehen die Pilze vom Mars so ziemlich allein auf weiter Flur. Was vielleicht auch daran liegt, dass es durchaus Bands gibt, die ähnliches machen, aber noch nicht auf die Idee gekommen sind, sich das „Jam“-Etikett anzuheften. Was also ist eine „Jamband“ eigentlich?
„Unsere musikalische Grundlage sind schon richtige Songs“ erläutert Mushrooms-Bassist Christoph Hoffmann, wie seine Kollegen Mitte Zwanzig und Student, „aber die Freiheit liegt im Jam“. Der Jam versteckt sich meist im hinteren Drittel des Stücks und bezeichnet einen frei improvisierten Teil, der rein von der Interaktion und Improvisationsgabe der Musiker lebt. Freilich wird in den meisten Proberäumen viel gejammt, sei es, um auf neue Ideen zu kommen, oder nur aus Spaß an der Freude. Die Idee, die Improvisation als maßgeblichen Teil des Gesamtkonzeptes zu verwenden, hat zwar eine lange Tradition in der Rockmusik, etablierte sich aber nie im Mainstream.
Die „Mutter aller Jambands“ sind die „Grateful Dead“, eine Art fahrende Hippiekommune, die seit den späten 1960er Jahren mit ihren drogengeschwängerten Mammutkonzerten eine eingeschworene Anhängerschaft um sich schart, die „Deadheads“. Deren deutsche Abordnung ist bereits auf die „Mars Mushrooms“ aufmerksam geworden und hat sie auf eines ihrer Treffen eingeladen, wo man sie des großen Vorbildes als überaus würdig befand. „Ich sehe mich in einer Art modifizierter Grateful-Dead-Tradition“, sagt Sänger, Gitarrist und Songschreiber Michael Schmidt. „Das Interessante an der Sache ist ja, dass alles erlaubt ist.“
Stimmt, die Grenzen sind weit gefasst, wie die Band auf ihrer neuen CD „Transparent Eyeball“, erschienen beim Nürnberger „Bibi“-Label, eindrucksvoll beweist. Neben Michael Schmidt und Christoph Hoffmann musizieren Lars Weissbach (Hammond-Orgel, Piano), Christof Stellwag (Drums) und Thomas Kupser am Didgeridoo. Mit federndem Groove bewegen sich die Fünf zwischen Blues-, Folk- und Alternativerock, dezenten Weltmusikanleihen und viel blubberndem Hippiefunk. Musik, die Spaß macht und in die Beine fährt, mit (englischen) Texten, die zwischen purem Unsinn und philosphischen Höhenflügen pendeln.
Die Songs gehen schnell ins Ohr, wobei die Jams so gut integriert sind, dass man sie erst beim zweiten Hören als solche identifiziert. „Wir wollten auf der Platte auch richtige ,Song-Songs’ haben“, erklärt Christoph Hoffmann. „Außerdem wollten wir uns nicht die Möglichkeit nehmen, im Radio gespielt zu werden. Da gibt es ja eine knallharte dreieinhalb Minuten-Grenze.“
Konditionstest
Die wird live natürlich gerne um ein Mehrfaches überschritten: Auf der Bühne dauert ein Mushrooms-Song nicht selten zehn Minuten, das ganze Konzert im Schnitt drei Stunden. Im Augenblick testen die „Mars Mushrooms“ ihre Kondition auf ihrer ersten zusammenhängenden und selbstorganisierten Tour, die sie vornehmlich durch den süddeutschen Raum führt. Die nächsten Gelegenheiten für einen ausufernden Jam mit den fünf Pilzköpfen bieten sich morgen im legendären „Weißen Ross“ in Immeldorf (bei Lichtenau), tags darauf in der „Rose“ in Feuchtwangen und am 7. Mai in der Kneipenbühne Oberweiling in Velburg. PETER GRUNER
Aktuelle CD: Mars Mushrooms, „Transparent Eyeball“, bibi-records, Infos im Internet: www.marsmushrooms.de
14.4.2005 0:00 MEZ
moose - 18. Mai, 08:57
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